Das Boot im Rucksack

Auf dem Wasser im Thüringer Wald

Rafting klingt nach Abenteuerurlaub in Schweden. Doch so hoch in den Norden musste ich nicht reisen, um mich am Wasserwandern zu versuchen. Packrafting heißt die neue Trendsportart. Anfangs war ich skeptisch gegenüber der Idee meiner Freundin. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und gewonnen habe ich so einiges an Eindrücken.

Packrafts sind ultraleichte, faltbare Gummiboote, die im Rucksack verstaut werden. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich das kleine Paket in den Händen hielt. Gerade wenn ihr eine längere Tour plant und verschiedene Aktivitäten verbinden wollt, lassen sich die Rafts einfach während Wanderung oder Radtour verstauen und mitnehmen.

Packrafts Gummiboote am Ufer

©Susen Reuter, Regionalverbund Thüringer Wald e.V.

Zu unserem Abenteuer zog es uns auf die Hörsel in Eisenach am Fuße des Thüringer Waldes. Wenngleich es auf dem Fluss etwas gemächlicher zugeht als auf den Stromschnellen Schwedens, ist mein Geschick beim Paddeln ebenso gefragt. Denn auch auf der Hörsel gibt es rasante Abschnitte mit tückischen Stromschnellen, die besondere Konzentration beim Navigieren erfordern. Wichtig dabei ist, die Balance und das Boot auf Kurs zu halten. Das war nicht immer einfach, aber genau das war das Spannende: die ständige Herausforderung, auch anspruchsvolle Passagen im Flusslauf zu meistern, um mich im nächsten Moment wieder von Wind und Wasser treiben zu lassen.

Römische Legionen und Eisvögel

Auf dem Wasser gelingt das Entschleunigen besonders gut. Auf den ruhigen Abschnitten des Gewässers nehme ich mir die Zeit, um die Artenvielfalt der Natur im Thüringer Wald zu entdecken. In den von Schilf bewachsenen Ufern schnattern Wildenten aufgeregt miteinander, Blauflügel-Prachtlibellen schwirren dicht über der Wasseroberfläche als ständige Begleiter und wer ganz genau hinsieht, kann Eisvögel und Graureiher auf Beutezug erspähen.

Graureiher steht im flachen Wasser

©Susen Reuter, Regionalverbund Thüringer Wald e.V.

Auch Hobby-Historiker kommen auf ihre Kosten. Tourguide Matthias Klaß berichtet von spektakulären Funden, die beim Bau einer Stützmauer entlang des Ufers gemacht wurden. Uralte Münzen deckten auf, dass einst römische Legionen unter Tiberius und Drusus an der Hörsel entlang marschierten. Zudem gab es bereits in den 1950er Jahren einen Kanuverein in Eisenach – die Packraft-Touren sind also ein Revival dieser vergangenen Tradition.

Am Fuße des Rennsteigs

Neben sportlichem Abenteuer und Naturvergnügen, bekomme ich auch die Gelegenheit, den Landstrich um Eisenach aus einer völlig neuen Perspektive zu betrachten. So entdecke ich auch geologische Schätze wie die Michelskuppe. Die Erhebung, die 50 Meter über dem Stadtgebiet aufragt, ist europaweit einzigartig. Bedingt durch Verschiebungen der Erdkruste und den daraus resultierenden Schollenbewegungen, steht hier heute ein Berg Kopf – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Weiter flussabwärts paddele ich vorbei am Frankenstein, einem rund 340 Meter hohen Berg, auf dem die Reste der gleichnamigen mittelalterlichen Burg zu finden sind. Habt ihr das Eisenacher Stadtgebiet hinter euch gelassen, ist es schließlich nicht mehr allzu weit bis Hörschel, wo die Hörsel in die Werra mündet. Hier ist auch der Rennsteig ganz nah. Wer jetzt noch Kraft und Muße hat, kann entweder Paddel gegen Wanderschuhe tauschen oder seine Wassertour auf der Werra fortsetzen.

Egal ob für Profis oder Neueinsteiger: Das Gefühl von Freiheit liegt hier jederzeit nur einen Paddelschlag entfernt!

Titelbilder: ©Susen Reuter, Regionalverbund Thüringer Wald e.V.

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